Teilgenommen haben:
Edith – OP-Schwester;
Kontaktperson OP
Wolfgang - Orthopäde
Nils - Bioingenieur; Ausbilder
Vor Ort kam es dann zu einer ungewöhnlich fruchtbaren Zusammenarbeit mit einem Italienischen
Team:
Elisa - Gynäkologin
Giovanni I - Allgemeinchirurg
Giovanni II - Gynäkologe
1. Sierra Leone 'nach' Ebola
Fährt man durchs Land hat man zunächst nicht den Eindruck, dass sich großartig etwas verändert hat. Hinsichtlich der
wirtschaftlichen Lage scheint es sogar so, als ob nichts gewesen wäre. So ist die Zahl der kleinen Geschäftchen am Straßenrand
noch eher gestiegen, zumindest aber gleich geblieben. Kommt man dann aber irgendwo unter und redet mit den Leuten, so zeigt
sich ein anderes Bild. Die Zahl der 'weißen' (zahlenden) Besucher des Landes war und ist extrem gering; alle 'Unterkünfte' leiden
unter starkem Umsatzmangel. Der Blick auf die Menschen auf der Straße ist zwar ebenfalls gleich geblieben (die Zahl der Bettler
hat sich kaum verändert, ebenso wie die der mangelernährten Menschen), schaut man jedoch ins Hinterland, fern ab der größeren
Dörfer/Städte, so begegnet einem der Hunger und zwar in einer Form wie wir es in Sierra Leone zuvor nicht gesehen hatten. Hier
wird einem klar, dass zur Zeit in Sierra Leone tausende Ebola-Waisen leben und nur die allerwenigsten werden durch staatliche
oder private Stellen versorgt. Wir denken, dass die Ebola-Waisen zur Zeit das größte Problem darstellen.
Trotz der gefeierten 'Ebola-Freiheit' des Landes (das stimmt natürlich nicht) fährt man alle 10 bis 20 km in eine Polizeikontrolle,
man wird auf Fieber getestet und teilweise wird man (freundlich!) gezwungen auszusteigen und sich die Hände zu desinfizieren.
Natürlich sind solche Maßnahmen tatsächlich nur wenig hilfreich, sie schärfen jedoch den Blick auf das Problem und die Menschen
werden immer wieder auf dieses Problem aufmerksam gemacht. Allein schon deswegen sind solche Maßnahmen gerechtfertigt, ja
sogar nötig und hilfreich.
2. 'Unsere' Klinik
Seit 2014 ist Br. Michael der Leiter der Klinik, er ersetzte Br. Peter, der jetzt die Klinik in Monrovia (Liberia) leitet. Dieser Wechsel
hat grundlegende Veränderungen mit sich gebracht. Br. Michael führt die Klinik wesentlich strukturierter und bestimmter - der
'warme Charakter' der Klinik jedoch leidet darunter ein bisschen. Die ‘Klinikjungs’ mussten das Geländer verlassen - ob dies
aufgrund der Ebola-Maßnahmen geschah, oder aufgrund von Sparmaßnahmen....? Die Jungs sind leider weg und mit Ihnen fehlt
ein sehr angenehmer Aspekt vergangener Einsätze. Auch die entsprechende Fußballmannschaft existiert nicht mehr.
Die früher immer überbelegte Klinik verfügt über ca. 110 Betten; jetzt sind nur 50% der Betten belegt (viele haben wohl Angst sich
im Krankenhaus mit Ebola anzustecken) und die Klinik hat dadurch natürlich ein erhebliches wirtschaftliches Problem.
3. Aktivitäten von GLOBOLAB e.V. in Zeiten der Ebola-Krise
Bereits am ersten Abend bei unserer Begrüßung wurden wir den neuen Brüdern als die Menschen vorgestellt, die als allererstes
sich um das Problem Ebola gekümmert hatten. Dieser Sachverhalt wurde mehrfach und in mehreren Meetings immer wieder
betont, so dass man davon ausgehen muss, dass unsere Hilfe seinerzeit mehr als willkommen war.
Diesbezüglich wurde uns auch ein offizielles Dankschreiben übergeben.
4. Laborarbeit
Am Montag wurde das neue mikrobiologische Labor eingerichtet – ihr erinnert euch, die Firma Grifols (= Probitas) hat den
Labortrakt komplett neu ausgebaut und bereits am Dienstag startete das neue Training. Wie immer verlief das Training anders als
gedacht und ausgemacht. Mit Br. Michael war abgesprochen, dass zwei MTLA ausgebildet werden und dass diese für diese Zeit von
der Arbeit freigestellt sind. Tatsächlich konnte niemand freigestellt werden und es wurden alle fünf (!) vorhandenen MTLA
ausgebildet und es sei vorweggenommen: Es hat geklappt (aufgrund eines sehr außergewöhnlich hohen Engagements der
Labormitarbeiter). Ausgebildet wurden:
Br. Nestor (Laborchef und Prior der Mission Lunsar; er hat Vorkenntnisse),
Hajaratu (die einzig Verbliebene der alten Mannschaft),
Rebecca,
Juliet und
Abdul
Das Training verlief so, dass zunächst am Vormittag ca. zwei Stunden geschult wurde, zwischen 10.00 Uhr und 14.00 Uhr wurde
das 'Tagesgeschäft' versorgt (kein Training) und ab ca. 14.30 Uhr teilweise bis 20.00 Uhr wurde weiter geschult. Nach drei Tagen
rein theoretischer Schulung wurde gleich in die Praxis übergegangen und wir haben ca. 20 Patienten ausgetestet und mit der
richtigen Antibiose (sofern nicht multiresistent) versorgt.
Wie immer an dieser Stelle ein paar Patientenbeispiele:
* Fatmata, ein ca. 5-jähriges Kind mit einer eitrigen Zahnentzündung, wobei die Infektion unter das Auge gestiegen war, mit einer
weiteren Fistel am Nasenrücken. Der Fall war uns so wichtig, dass für diese kleine Patientin unser neuer Blutagar hergestellt wurde,
obwohl dieses Nährmedium noch nicht Bestandteil des Trainings war. Fatmata hatte Glück, wir konnten drei noch wirksame
Medikamente finden und nach drei Tagen 'Ceftriaxon' ging es ihr schon deutlich besser. Vor Abschluss der Therapie sollte Fatmata
mit Ihrer Mutter die Klinik verlassen, weil sie nicht in der Lage waren die Medikamente zu bezahlen – das haben dann natürlich wir
übernommen.
* Mohamed, ein ca. 15-jähriger Junge mit einem entzündeten Nabelbruch. Hier wurden alle verfügbaren Antibiotika durchgetestet;
nicht ein Wirkstoff (von 11 verfügbaren) wirkt noch.
* Aminata, eine ca. 30-jährige Dame mit einer großen offenen Wunde am rechten Fuß. Auch hier mussten zwei Antibiogramme
erstellt werden (das erste ergab kein wirksames Antibiotikum). Im zweiten Antibiogramm fanden wir einen einzigen Wirkstoff der
noch funktioniert: Doxycyclin.
An dieser Stelle muss betont werden, dass sich die ohnehin schon schwierige Resistenzlage in West-Afrika noch deutlich
verschlimmert hat!
Wie vor fünf Jahren auch wurde eine Abschlussprüfung mit den geschulten fünf MTLA durchgeführt und trotz der widrigen
Umstände (fünf zu schulende MTLA statt zwei oder drei; von der Arbeit nicht freigestellt) haben alle zumindest gleich gut (teilweise
besser) abgeschnitten als seinerzeit Lamin, Fatty und Martin. Darüber hinaus arbeiten diesen fünf MTLA ganz anders als wir es
bisher gewohnt waren. Sie arbeiten immer zumindest in 2er und manchmal in 3er Teams, so dass sie ihre Spezialisierungen
bündeln (der eine kann besser rechnen, der andere streicht besser aus und wieder ein anderer unterscheidet leichter das Pathogen
von dem Nicht-Pathogen), um so ein besseres Ergebnis zu bekommen. Das machen sie übrigens von sich aus, ich brauchte es nicht
vorzuschlagen.
GLOBOLAB e.V. bleit weiter TB-Partner (Tuberkulose) der Klinik.
5. Neben der Mikrobiologie
* Wir haben unser extrem kostengünstiges Hb-Messverfahren (Blutsauerstoff) vorgestellt. Dies war während der Ebola-Krise
eingeschlafen. Der Laborchef war hellauf begeistert und wir werden auch hier weiterarbeiten.
* Es wurden alle Mikroskope gewartet (auch in der Zweigstelle in Lungi).
* Es wurden – wie üblich – diverse Reparaturarbeiten durchgeführt; nicht nur im Labor, auch im OP, in der Küche etc. pp.
* Wir hatten knapp 60 Paar funkelniegelnagelneue Marken-Fußballschuhe im Gepäck - Wolfgang hatte sie organisiert. Diese wurden
dem Bundesligaverein "Marampa Stars" übergeben -> ganz großes Kino !!! Zum Dank gab es ein Match 1er FC Wolf gegen 1er FC
Mrs. & Mr. Nils :-). Natürlich gewann der 1e FC Mrs. & Mr. Nils mit 3:1. Wolfgang vermutete, dass Nils dem Schiedsrichter mehr
gegeben hatte als er selbst :-)))
* Wolfgang und ein italienischer Kollege mussten eine komplizierte und unschöne Oberschenkelamputation vornehmen. Diese
verlief dennoch sehr gut und nach knapp einem Liter Blut von Edith und Nils (jeweils 450 ml) erholte sich der Patient erstaunlich
schnell; wir haben ihm dann auch noch Krücken angepasst. Ende November kam eine eMail aus Lunsar dass es dem Patienten
weiterhin sehr gut geht, die Wunde ist geschlossen und nicht infiziert.
* Gleich am zweiten Tag unseres Besuchs kam es zu einem definitiv nicht ungefährlichen Brand im OP. Eine Klimaanlage hatte
Feuer gefangen. Nach wenigen Sekunden tropfte bereits die halbe Klimaanlage (PVC!) brennend auf den Boden und die andere
Hälfte drohte die Deckenverkleidung (unglaublich: ebenfalls PVC) zu entzünden. Erst in diesem Moment fiel uns auf, dass das
komplette Krankenhaus keine Feuerlöscher besitzt. Erschwerend kam hinzu, dass die brennende Klimaanlage in ca. 2,50 m Höhe
montiert war. Das Löschen (mit nassen Tüchern; Einer von uns ist Gott sei Dank ausgebildeter Feuerwehrmann) dauerte mehrere
Minuten. Das Ganze war nicht gänzlich ungefährlich, da der Strom immer noch an war und wir darüber hinaus befürchten mussten,
dass die Rohre bersten und sich das Kühlgas entzündet. Tatsächlich war es dann auch so, dass bei den Aufräumarbeiten und nach
einer minimalen Berührung die Kühlleitung brach und sich das (brennbare) Kühlgas unter Druck in den Raum ergoss. Als wir das
sahen beschlossen wir besser nicht weiter darüber nachzudenken...
Wir werden versuchen im kommenden Frühjahr zumindest für eine Woche nochmal nach Lunsar zu fliegen, um die ersten Fehler die
sich sicherlich einschleichen werden zu korrigieren, damit diese sich nicht manifestieren. So sind wir auch seinerzeit 2010
vorgegangen und das hatte sich gut bewährt.
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