Zusammenfassung des Einsatzes vom 4.11.-20.11.2022
im Labor S. John of God Hospital Lunsar.
Zwischen dem 04.11. und dem 20.11.2022 waren wir wieder in Sierra Leone in 'unserem' Krankenhaus in der Nähe von Lunsar.
Im Laborteam waren Doris und ich. Edith, Wolfgang, Markus, Birgitta und viele mehr bildeten das ODW-Team für den OP und es
war - wie immer - eine hervorragende und befriedigende Zusammenarbeit.
Meiner Meinung nach steht Sierra Leone kurz vor einem Kollaps. Die wirtschaftliche Situation im Land kann man nur als
dramatisch bezeichnen. Die Ebola-Hilfen sind verbraucht und die extreme Teuerung aller Güter treffen die Menschen schwerst!
Extrem hohe Importkosten fallen zusammen mit den explodierenden Lebensmittelpreisen (Ukraine-Krieg) und wenn die
Bevölkerung sich noch nicht mal ein Mindestmaß an Lebensmitteln leisten kann, dann ist an einen Arztbesuch schon gar nicht
zu denken.
Nach Ebola flossen wohl viele Gelder, die auch in die Infrastruktur des Landes flossen, so dass die extreme Armut nicht
unbedingt sofort (z.B. auf der Straße) sichtbar ist. Wenn man aber nur etwas genauer hinschaut (und hinhört), dann wird die
drohende Katastrophe sichtbar:
- Zum ersten Mal nach 13 Jahren wurden wir mehrfach gewarnt nachts das Klinikgelände zu verlassen um nicht überfallen zu
werden,
- Einbrüche und Raubüberfälle waren zum ersten Mal so häufig, dass auch wir davon etwas mitbekamen,
- die geringe Bettenbelegung in der Klinik erinnert an die Ebola-Zeit,
- trotz Zusage, dass GLOBOLAB alle Kosten übernimmt kamen nur wenige 'Wundpatienten von der Straße' zu uns, da die
allermeisten kein Geld für die Fahrt zur Klinik (oftmals nur ca. € 1,00) haben,
- die Inflation im Land liegt zur Zeit bei ca. 25 % (!),
- das Krankenhaus kann oftmals nur mit 2 - 3 Wochen Verzögerung die Gehälter auszahlen.
Während unseres Aufenthaltes vermisste ich zwei, drei bekannte Gesichter aus der Vergangenheit. Ich erkundigte mich bei den
Klinikmitarbeitern nach diesen Leuten und die Kollegen meinten, dass auch sie sie schon länger nicht mehr gesehen hätten und
dass sie wahrscheinlich verhungert seien.
Auch wir spürten direkt die Folgen der extremen Armut. Gleich in der ersten Woche holte man uns drei Mal zu Säuglingen, von
denen wir Blutuntersuchungen durchführen sollten (Sepsis). Alle drei Säuglinge starben noch in der Nacht nach der
Probennahme. Die Eltern kamen einfach viel zu spät in die Klinik um Hilfe zu finden; aus Geldmangel wurde der Weg zum Arzt
immer wieder verschoben bis es letztendlich zu spät war.
Zur Laborarbeit
In den zwei Wochen haben wir ca. 40 Patienten vollständig ausgetestet. Der größere Teil hiervon kam aber nicht 'von der
Straße', sondern kam aus dem OP. Dieses Jahr fanden wir zum einen erfreulich wenige Multiresistenzen, zum anderen war es
erstaunlich, dass alte Antibiotika, die in den Vorjahren nicht wirksam waren, jetzt oftmals doch wieder wirkten. Die Tatsache,
dass die Resistenzlage sich verbessert hat, kann in unserer Arbeit der letzten 13 Jahre begründet sein, muss es aber nicht. Ich
gehe davon aus, dass unserer Arbeit durchaus eine Rolle spielt aber zusätzlich auch andere Dinge hier mitspielen. Hier muss
man auf die Resultate der kommenden Jahre warten.
Gegen Ende des Einsatzes haben uns die Chirurgen gebeten, die eingesetzten Sterilisatoren im OP zu überprüfen. Während des
Einsatzes einer Vorgruppe von Chirurgen kam es zu auffällig vielen postoperativen Infektionen. GLOBOLAB konnte fehlerhafte
Sterilisatoren definitiv ausschließen.
Auch technisch waren wir wieder gefragt. Natürlich wurden wieder alle Mikroskope revisioniert und insbesondere bei der
Reparatur/Einstellung von Krücken konnten wir dem ODW helfen. Auch bei den OP-Sterilisatoren waren wir wieder aktiv.
Unsere Chlorlösung
Bei allem Leid und allen Schwierigkeiten ist jedoch auch von einer guten Entwicklung zu berichten. Die von uns entwickelte
Chlor-Lösung ist in der Klinik 'viral gegangen'. Ursprünglich hatten wir ja nur die Behandlung 'unserer' Wunden im Visier. Schon
vor Jahren hat unser Markus (Unfallchirurg) diese Lösung auch im OP eingesetzt. Die Wirksamkeit dieser 'GLOBOLAB-Solution'
ist schon nach wenigen Tagen so offensichtlich, dass sie jetzt überall im gesamten Krankenhaus (OP, Verbandsraum, auf Station
etc.) mit großem Erfolg eingesetzt wird.
Ich selbst konnte mich auch einmal wieder davon überzeugen... Zu uns ins Labor kam eine Dame, mit einem ein Jahr alten (!)
bereits eingewachsenen Verband am Ellbogen. Der Verband konnte nur unter Anästhesie (im OP) entfernt werden und die
überhandflächengroße Wunde wurde chirurgisch versorgt. Die Infektion war so heftig, dass man die Patientin schon aus
mehreren Metern Entfernung roch! Nach großflächig offener Behandlung der Wunde und mehrfachen Spülen mit der
'GLOBOLAB-Solution' konnte man bereits nach zwei Tagen den Beginn des Wundheilungsprozesses (Granulationsgewebe)
erkennen.
Abschließend möchte ich mich bei dem hervorragenden ODW-Team bedanken. Es war eine tolle, schöne und hocheffiziente
Zusammenarbeit mit Euch!
Großer Dank gilt natürlich zu allererst unseren treuen Mitgliedern (und hier insbesondere die Firma Quality First Software GmbH
aus Geretsried), dem Verein EFI aus Ebersberg und vor allem die vielen Einzelspender und die Firmen, die auf unsere Anfragen
hin oftmals spontan und unbürokratisch helfen - sei es mit Sachspenden oder mit wichtigen Informationen.
Gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten wie diesen seid Ihr Spender natürlich überlebenswichtig.
© Globolab e.V. 2009 - 2023
Teilgenommen haben:
Doris – Leitende MTLA; Ausbilderin
Edith – OP-Schwester; Kontaktperson OP
Nils – Bioingenieur; Ausbilder
zusammen mit einem starken Team des ODWs